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Zur Gründung des Nationalkomitees Freies Deutschland vor 80 Jahren

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von Oberst a. D. der NVA Horst Nörenburg

(Auszüge aus seinem Artikel: 75 Jahre seit der Gründung des „Nationalkomitees Freies Deutschland, erschienen in KOMPAS, Ausgabe 03-2018)

Nach dem Sieg der Roten Armee vor Moskau, verabschiedete das Politbüro der KPD in der Sowjetunion, ein Grundsatzpapier, das zur Schaffung einer breiten Volksfront gegen Hitler aufrief, ungeachtet der politischen Herkunft der Beteiligten. Im Kriegsgefangenenlager Jelabuga bildete sich die erste antifaschistische Offiziersgruppe unter Hauptmann Ernst Hadermann. 23 Offiziere unterschrieben einen Aufruf an alle Offiziere in der Kriegsgefangenschaft. Anfang Juni 1943 wurde Alfred Kurella und Rudolf Harnstadt von der sowjetischen Führung beauftragt, mit sowjetischer Hilfe, ein Manifest für ein Nationalkomitee „Freies Deutschland“ zu erarbeiten. „Freies Deutschland“, diese Formulierung stellte klar, Deutschland muß vom NS – Regime befreit werden. Das Bemerkenswert daran war, daß Stalin anordnete, in diesem Manifest kommunistische Phrasen zu entfernen und die KPD nicht zu erwähnen. Vermutlich ergab sich das aus der Kenntnis, wie antikommunistisch die Gesinnung der Wehrmacht war. Laut den Aufzeichnungen Anton Ackermann sah er damals das Komitee als Schattenregierung für ein Deutschland nach Hitler an.

Vom 12. bis zum 13 Juli 1943 fand in Krasnogorsk bei Moskau die Gründung des Nationalkomitees „Freies Deutschland“ statt. Erich Weinert wurde zum Präsidenten gewählt. Die Emigrationsführung der KPD (BDO) unter General der Artillerie Walter von Seydlitz wurde gegründet. Kurz danach erfolgte der Anschluß des BDO an das Nationalkomitee. Ausschlaggebend für diese Entscheidung der Generalität waren nicht die Erfahrungen von Stalingrad und die Sorge um die Zukunft Deutschlands, sondern auch eine sowjetische Zusicherung: Wenn es der Bewegung „Freies Deutschland“ gelingen sollte, das Hitlerregime mit Hilfe der Wehrmacht zu stürzen, ehe die kämpfenden Truppen das Gebiet des Deutschen Reiches erreichten, garantierte die Sowjetunion den Fortbestand eines einheitlichen Deutschen Reiches in den Grenzen von 1938, den Fortbestand der Wehrmacht sowie eine freiheitliche und selbständige Entwicklung Deutschlands, das mit seinen Nachbarn durch Friedens- und Freundschaftsverträge verbunden sein sollte.

Das NKFD wurde von der Sowjetunion unterstützt. Es gab eine Wochenzeitung „Freies Deutschland“, eine Illustrierte „Freies Deutschland“ im Bild und zahlreiche zentrale Flugblätter heraus. Ebenso betrieb es einen Radiosender „Freies Deutschland“, Erkennungsmelodie war das Vaterlandlied von Ernst Moritz Arndt. Über Lautsprecherwagen wurden u.a. Reden des deutschen Generals Walter von Sydlitz - Kurzbach, des ehemaligen Divisionspfarrers Friedrich-Wilhelm Krummacher bzw. Walter Ulbricht, Anton Ackermann sowie Erich Weinert verbreitet. Die größte Unterstützung aber bekam das NKFD von den Soldaten der Roten Armee an der Front. Haupttätigkeit war die Überzeugungsarbeit an der Front mit dem Ziel, Wehrmachtsangehörige zum „Überlaufen“ bzw. zur freiwilligen Gefangenschaft zu bewegen. Angehörige der Frontorganisation des NKFD wirkten auch, unter Einsatz ihres Lebens, im Hinterland der deutschen Front.

Prominentes Mitglied des NKFD war Feldmarschhall Friedrich Paulus. Am 8. August 1944 erklärte der ehemalige Oberbefehlshaber der Stalingradarmee seinen Bruch mit Hitler und trat dem NKFD bei.

Auch im besetzen Nord-Frankreich und den ab 1942 besetzten Süden Frankreichs bildeten sich ähnliche Gruppen (z.B. BFDW Bewegung Freies Deutschland im Westen“). Nach dem Vorbild des NKFD wurde im August 1944 in Griechenland ein Antifaschistisches Komitee Freies Deutschland (AKFD) gebildet. Auch in Lateinamerika entstanden pro-kommunistische Gruppen deutschsprachiger Exilanten, so etwa die im Januar 1942 gegründete Bewegung Freies Deutschland in Mexiko unter der Führung von Ludwig Ren, und Paul Merker. Bedeutende Mitglieder waren unter anderem Anna Segers, Alexander Abusch und Walter Janka.

Ja, ihr Ziel hat die Bewegung nicht erreicht. 12 Jahre braune Ideologie hatte die Massen des Deutschen Volkes widerstandslos gemacht und mit dem gescheiterten Putschversuch am 20 Juli 1944 blieb nur die bedingungslose Kapitulation am 05. Mai 1945. Anfang November 1945 löste sich die Bewegung „Freies Deutschland“ auf, die meisten ihrer kriegsgefangenen Mitglieder wurden wieder in in reguläre Kriegsgefangenenlager überstellt. Vereinzelt kehrten sie in den folgenden Jahren heim, davon im September 1948 fünf Generäle und 100 Offiziere. Sie und einige Emigranten gingen in die Sowjetische Besatzungszone, wo sie die Kasernierte Volkspolizei aufbauten, den Vorläufer der Nationalen Volksarmee der DDR und in den Verwaltungen der SBZ arbeiteten. Unter ihnen: Heinz Hoffmann, Heinz Keßler, Hermann Rentzsch, Felix Scheffler, Markus Wolf, Paul Blechschmidt, Reinhard Brühl, Arno von Lenski, Helmut Borufka, Vincenz Müller, Otto Korfes, Heinrich Homann und Max Humeltenberg. Alle Namen, die wir aus der Geschichte der NVA und der DDR kennen.

Die Mitglieder des NKFD wurden in der Heimat und später in der BRD als Vaterlandsverräter und Handlanger Stalins verschrien. Es gab keinen General der Bundeswehr, der Mitglied des NKFD war. Im Gegenteil, in Sachen Ausgrenzung aus dem antifaschistischen Widerstand gilt nach wie vor das schon vor Jahren bekräftigte Verdikt aus Bundesministerium der Verteidigung. Danach würden NKFD und Bund Deutscher Offiziere (BDO) erstens aus dem Grundgesetz der BRD abgeleiteten Traditionsverständnis der Bundeswehr zuwider handeln, zweitens sei wirklicher Widerstand aus der Kriegsgefangenschaft heraus nicht möglich gewesen, und drittens stehe dessen „starke kommunistische Prägung“ einer umfangreichen Würdigung im Wege.

Erst 40 Jahre nach der Befreiung wurde, durch den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäcker, in der BRD erstmals am 5. Mai 1985 vom Tag der Befreiung gesprochen. Ob er sich nun im Alter an die Ereignisse vom Dezember 1941 erinnert, ist eine Vermutung.

 

Jürgen Geppert

 

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